Nieten im Klassenzimmer ?

Werden unsere Kinder gut genug auf die Zukunft vorbereitet?

Die Pisa-Studie erteilt den Leistungen deutscher SchülerInnen e-benso schlechte Noten wie die OECD-Studie. Liegt das tatsächlich nur an den Schulen? Bereiten wir unsere Kinder, die nächste Generation, gut genug auf die Zukunft vo ? Am Buss- und Bettag 2002 fand im Undenheimer Gemeindehaus dazu ein Vortrag statt. Referenten waren die Rektorin der Undenheimer Grundschule Christa Ebersberger und Pfarrer Frank Holzbrecher für die gastgebende Evangelische Kirchengemeinde und als ehemaliger Mitarbeiter in der Personalabteilung der Evangelischen Kirche.

Etwa 30 Interessierte, hauptsächlich Eltern von Grundschulkindern nahmen lebhaft an Vortrag und anschliessender Diskussion teil..
Pfarrer Holzbrecher eröffnete mit einem historischen Überblick zur jüdisch-christlichen Tradition in Sachen Erziehung und Ausbildung . Er erläuterte mithilfe eines Informationsblattes , dass jeder zuvor bekommen hatte, wie die Bildung schon vor 5000 Jahren eine große Rolle für die menschliche Kulturentwicklung spielte. Im alten Ä-gypten wurden die Jungen in den Tempeln zu Schreibern und Priestern ausgebildet, ähnlich im alten Israel. Es herrschte die Mei-nung, dass „wer sein Kind wirklich liebt, es mit großer Strenge er-ziehen muss“. Die Ablehnung dieser extrem strengen Erziehungs-grundsätze wurde insbesondere durch das frühste Christentum ein-geleitet, Kinder werden von Jesus als „ vollwertige“ Menschen an-gesehen: „Wir lernen auch von den Kindern...“.
Zwischen diesen beiden Polen wurde christliche Erziehung in der Folge angesiedelt. Die Reformatoren, die fast alle engagierte Universitätslehrer waren, erklärten Bildung und Fleiss zu einem der Hauptziele ihrer Gesellschaftreformation, was zur Ausbildung des sogenannten „protestantischen Arbeitsethos“ führte, und damit letztlich die weltweite Durchsetzung des kapitalistischen Wirtschafts-modells ermöglichte. Wie stark Bildungsethos und Wohlstand mit-einander verknüpft sind, wurde nach dem 2. Weltkrieg sichtbar, in dem die Deutschen so gut wie alles verloren hatten. „Unsere Kinder sollen es besser haben“, sagte sich die Kriegsgeneration, rückte Fleiß , Leistung, Ergeiz und Verzicht in den Mittelpunkt , und es geschah das „deutsche Wirtschaftswunder“. Für die Deutschen ging es wirtschaftlich bergauf, für die Engländer hingegen, ging es berg-ab, obwohl sie den Krieg gewonnen hatten, denn sie investierten zu der Zeit kaum in Bildung. Diese seither sogenannte „englische Krankheit“ hätte nach ziemlich übereinstimmender Meinung der Fachwelt spätestens seit Ende der 80er Jahre jetzt Deutschland erfasst, schloss Pfarrer Holzbrecher seinen Vortrag.
Ab Mitte der 60er Jahre, eröffnete Rektorin Ebersberger ihren Part, wird zunehmend Kritik an dem mit diesem „protestantischen Ar-beitsethos“ verbundenen bildungs- und leistungsorientierten Schulwesen laut. 1970 wird die antiautoritäre Erziehung einge-führt, Schulen und Lehrerschaft werden das Opfer zahlloser Experimente. Die Prügelstrafe wurde dabei glückerlicherweise endlich abgeschafft, jedoch gleichzeitig auch das Recht der Lehrer den Kindern Grenzen zu setzen. Man glaubte allgemein, dass ein Kind sich nur entfalten konnte, wenn es machen dürfte, was es wollte und ständig für alles gelobt würde. Das hiess dann, „… wenn es die Wand mit seinen Wasserfarben anmalte hatte, auch noch loben“ . Bis heute seien weder die Experimente und Einschränkungen der Möglichkeiten der Lehrerschaft durch immer neue Rechtsverord-nungen nicht zu einem Ende gekommen, dabei sei doch völlig klar: „ein Kind braucht Grenzen an denen es sich stoßen kann“. Leben-dig und anschaulich erzählte Christa Ebersberger von ihren Erfahrungen als Lehrerin und fand gespannte, aber auch nachdenkliche Zuhörer. Wenn man den Lehrern die Möglichkeiten nimmt, die Schüler ordentlich zu unterrichten, darf man sich auch nicht wun-dern, wenn die Qualität deutscher Bildung immer weiter sinkt. Ganz abgesehen davon, dass in vielen Familien Fernseher, Gameboy, Spielkonsole und ihresgleichen viel wichtiger sind als Hausaufga-ben oder Schulnoten. „Wie soll man Kinder unterrichten, die mor-gens kaum wach sind, weil sie die halbe Nacht vor dem Fernseher verbracht haben?“

Vor diesem Hintergrund den Lehrkräften oder den Kindern die Schuld an der deutschen Bildungsmisere zuzuschieben sei unsinnig, solange in deutschen Klassen viel mehr Kinder unterrichtet werden müssten als anderswo, so auch das Fazit der anschliessenden Dis-kussion. Solange die Gesellschaft nicht Bildung und Erziehung als wichtiges Hauptziel anstatt als einfache Einsparmöglichkeit ansieht, wird sich auch nichts ändern. Da es danach aber zur Zeit überhaupt nicht aussieht, werden wohl die künftigen Rentnerinnen und Rent-ner von schlechter ausgebildeten Berufstätigen finanziert werden müssen, denn die Kinder von heute sind die Erwerbstätigen von heute…

Elisa von Blohn und die Redaktion

Besondere Veranstaltungen: Vorträge und Texte

Paulus und Terrorismus
Zukunft des Alterns (Bibel und Pflege)
Nieten im Klassenzimmer (zu Pisa02)
Islamischer Fundamentalismus (Herbst 2001)
Beweist die Naturwissenschaft einen Gott ? Dr.W.Unruh&Pfr.Holzbrecher
Zur Entstehung der monotheistischen Religionen: eine Zeittafel
Gentechnik: Fluch oder Segen ?